Hans Bohlmann

Obwohl schon seit dem Studium mit einer Galerie in Kontakt, zog sich Hans Bohlmann nach seiner Ausbildung an der Hochschule für Grafik und Buchkunst aus dem Kunstbetrieb zurück – und machte sich in den folgenden Jahren als Musikprojekt Antlers Mulm und mit einem eigenen Label einen Namen in der Musikszene. Sogar seine frühen Werke – die Rede ist dann von Gemälden vor und um 2000 – sind also noch zu entdecken. Unweigerlich entsteht der Gedanke: man hätte sie gern dabei gehabt, als einige Jahre die Malerei aus Leipzig sehr intensiv diskutiert wurde.

Seine ersten Jahre als Maler standen im Zeichen kürzelhafter Bündelung. Nach dem Studienabschluss an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst suchte Hans Bohlmann eine gleichsam objektive Fasson, in der die subjektive Ausformung zurücktreten sollte. Auch Bohlmann war Meisterschüler bei Arno Rink, dem Lehrer einiger Maler der Neuen Leipziger Schule. Im Gegensatz zu deren erzählerischer Expansion wählte Hans Bohlmann den Weg in die ‚narrative Reduktion’: Die Bildentwürfe werden begrenzt und beschnitten bis zum Signet. Ein ultimativer Wille sprach sich darin aus, die Ausdruckskraft des Bildzeichens nicht durch persönliche Emotion zu trüben. Ramme einen Pfahl – in den grundlosen Morast. Genau darin, zeigt die Rückschau, liegt die Faszination dieser gedanklich-expressiven, sachlich-reduzierten Bilder. Es sind trotz der entschlossenen Reduktion keine Signets, denn keine Glättung führte zur schließlichen Form, sondern bildnerische Verdichtung. Sie sehen so aus, als „könne man Slogans drunterschreiben“, so sagt es der Maler selbst. Es ist jedoch zu vermuten, dass jedes wörtliche Statement die Bilder begrenzen und einseitig fixieren würde.

Die Anmutung dieser frühen Bilder ist zuweilen ein wenig schroff, aber sie locken mit balancierter Gestalt und schönen Oberflächen. Tatsächlich schafft Bohlmann, die Sujets in einer Waage zu halten. Selbst die Hunde, deren Kraft aggressiv anspricht, sind formal gezähmt. Eine gewisse Ambivalenz zwischen melancholischer Feststellung und wütendem Aggro ist etlichen Bildern eigen. Der Maler benutzt zum Zeichen gewordene Fragmente aus der politischen Ikonografie ebenso wie er die abstrakte Bildstruktur, Gitter und Symmetrien usw., zu inhaltlich wahrnehmbarer Emotion intensiviert.

Sein Debüt als Maler im Jahre 2014 ließ erkennen, dass Hans Bohlmann seine Bildwelten in den letzten Jahren vergrößert hat. Zwar sind nun fast nur noch Tiere die Protagonisten – oft erfundene, ver-formte Tiere. Sie treiben in surrealen, offensichtlich dystopischen Bildwelten umher – gern auch einmal kosmisch oder mikroskopisch entgrenzt. Faszinierend ist dabei die malerische Erfindung und bildliche Wirkung durch formale Um-Schreibung. Dies basiert auf einem malerischen Vermögen Bohlmanns, das bereits die formale Kompression in den kürzelhaften Bildern um 2000 ermöglichte und sich nun gewissermaßen frei-lässt in komplexen Bildern.

Es ist dies eine Welt, die sich selbst verloren hat als reale Sicherheit, die Welt aus Gen- und Geodesign. Ließen sich die früheren Bilder Bohlmanns in einem Gedankenkreis von Repression und sozialem Druck erwägen, so überwiegt zuletzt anscheinend ein boshaft-schalkhaftes Entsetzen, wie weit die menschliche Entfremdung es mit der Welt noch bringen werde.

Hans Bohlmann (*1971)

Maler und Grafiker

1971 geboren in Karlsburg

1988-89 Fachstudium zum Kindergärtner

1989-90 Tätigkeit in der Deutschen Bücherei, Leipzig

1991-96 Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Fachrichtung Malerei/Grafik bei Prof. Arno Rink

1996-99 Meisterschülerstudium an der HGB Leipzig

seit 1999 freischaffend, lebt und arbeitet in Leipzig

Künstlerporträt c Resa Rot